Europäischer Gerichtshof gibt Christengemeinschaft Recht

- Etappensieg auf dem Weg zur Anerkennung als Kirche -

Die 1922 von Theologen und Pfarrern als Bewegung für religiöse Erneuerung gegründete „Christengemeinschaft“ hat vom Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg Recht bekommen. Die Christengemeinschaft bemüht sich in Österreich seit 1995 um den Status einer „gesetzlich anerkannten Kirche“. Ein Status, der der Christengemeinschaft in einigen EU-Staaten, darunter auch in Deutschland, bereits seit langem gewährt wird.
Im Zuge des immer wieder verschleppten Verfahrens wurde die Christengemeinschaft 1998 nach dem neuen Bekenntnisgemeinschaftsgesetz kurzer Hand zu einer „staatlich eingetragenen religiösen Bekenntnisgemeinschaft“ erklärt – ein Status, der die Diskriminierung gegenüber anerkannten Kirchen zementiert. Die Christengemeinschaft hatte daraufhin, mit einem Rechtsgutachten des Instituts für Religionsrecht der Uni Wien im Rücken, eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof eingereicht und nach deren Abweisung im Oktober 2001 eine Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte in Straßburg eingebracht. Der Gerichtshof hat dieser Beschwerde nun bezüglich Art. 14 EMRK (Diskriminierungsverbot) in Verbindung mit Art. 9 EMRK (Religionsfreiheit) stattgegeben und den Rechtsstandpunkt der Christengemeinschaft weitgehend bestätigt.
„Die Anerkennung unseres Standpunktes durch den Europäischen Gerichtshof freut uns natürlich. Jetzt ist die Republik Österreich am Zug. Wir werden jedenfalls auf eine Anerkennung als Kirche drängen und hoffen mit anderen Religionsgemeinschaften, dass der österreichische Gesetzgeber endlich den Mut haben wird, die noch bestehenden Diskriminierungen zu beseitigen und echte Religionsfreiheit herzustellen.“ so Ulrike Cibulka, Sprecherin der Christengemeinschaft in Wien.
Die Christengemeinschaft versteht sich als Bewegung für religiöse Erneuerung, die sich den Herausforderungen einer aufgeklärten und weitgehend individualisierten Gesellschaft stellt. Sie ist dem Prinzip der Glaubens- und Lehrfreiheit verpflichtet und hat ihren Mittelpunkt in der Feier der Sakramente, insbesondere der Messe, „Menschenweihehandlung“ genannt. Die Bibel wird als entscheidende Offenbarungsquelle anerkannt. Mitglied der Christengemeinschaft wird man nicht als Kind durch die Taufe, sondern erst als Erwachsener aus eigenem Bedürfnis und freiem Entschluss. Wirtschaftlich lebt die Christengemeinschaft ausschließlich von freiwilligen Beiträgen und Spenden von Freunden und Mitgliedern.
Die Christengemeinschaft war 1922 die erste christliche Kirche, in der Frauen gleichberechtigt zu Priesterinnen geweiht wurden. Die älteste Gemeinde in Österreich besteht seit mehr als 80 Jahren.

Mag. Ulrike Cibulka
3. März 2009